Jannik Franzen

Körper formen (2018)

Der Film von Jannik Franzen liefert ein markantes Beispiel dafür, wie die Werkzeuge und Ideale der Kunst rassistischen Zwecken dienen können, indem sie aus den Tragödien des Krieges Profit schlagen. Er erzählt, wie die Akademie der bildenden Künste Wien – berühmt für ihre fast 4.000 Gipsabgüsse von Skulpturen aus der griechisch-römischen Epoche und der Renaissance – zum Schauplatz unheimlicher anthropologischer Studien wurde. Rudolf Pöch, der erste Professor für Anthropologie an der Universität Wien, führte sie während des Ersten Weltkriegs an Kriegsgefangenen durch. Er nahm Gipsabgüsse von ihren Köpfen, die später reproduziert, künstlerisch überarbeitet und als pädagogische Exponate und für Propagandazwecke verwendet wurden.

Franzens Film zeigt ein zeitgenössisches Filmdokument, in dem bedrohlich vermummte Anthropologen das Verfahren demonstrieren – dessen einziges Ziel es war, einen „idealen“ Rassetypus des osteuropäischen Anderen hervorzubringen, der dämonisiert und ausgebeutet werden konnte. Franzen analysiert dieses erschreckende Archivmaterial und stellt seiner eklatanten Gewalt die leise-beklemmende Glyptothek mit ihren perfekten Körpern gegenüber, die verstaubte Ideale von edler Einfalt und stiller Größe ausdrücken sollten.

Jannik Franzen lebt seit 2014 in Wien. Er_ studierte Psychologie an der Freien Universität Berlin und absolvierte das Masterstudium Critical Studies an der Akademie der bildenden Künste Wien. In Videoarbeiten und Installationen setzt er_ sich kritisch mit medizinischer und anthropologischer Wissens- und Bildproduktion auseinander. 2020 erhielt er_ den renommierten Birgit-Jürgenssen-Preis.

HD-Video, Ton, 9′30″

Deutsch mit englischen Untertiteln


Mit freundlicher Genehmigung des_ Künstlers_