Esther Kinsky
Rombo

Lesung

Im Mai und im September 1976 erschüttern zwei schwere Erdbeben eine Landschaft und ihre Bevölkerung im nordöstlichen Italien. An die tausend Menschen sterben unter den Trümmern, Zehntausende sind ohne Obdach, viele werden ihre Heimat, das Friaul, für immer verlassen. Die Materialverschiebungen infolge der Beben sind gewaltig, sie bilden neues Gelände, an denen sich die Wucht des Eingriffs ablesen und in die Begriffe der Naturkunde fassen lässt. Doch für das menschliche Trauma, für die Erfahrung der plötzlich zersprengten Existenz, lässt sich die Sprache nicht so einfach finden.

In Esther Kinskys neuem, preisgekröntem Roman berichten sieben Bewohner eines abgelegenen Bergdorfs, Männer und Frauen, von ihrem Leben, in dem das Erdbeben tiefe Spuren hinterlassen hat, die sie langsam zu benennen lernen. Von der gemeinsamen Erfahrung von Angst und Verlust spleißen sich bald die Fäden individueller Erinnerung ab und werden zu eindringlichen und berührenden Erzählungen tiefer, älterer Versehrung.

Die meisterhafte Erzählung einer Naturkatastrophe – und wie sie sich einschreibt ins Gedächtnis der Menschen.

Moderation: Florian Baranyi

Esther Kinsky (1956, Engelskirchen, Deutschland) ist Autorin und Übersetzerin. Für ihr umfangreiches Werk, das Übersetzungen aus dem Polnischen, Russischen und Englischen ebenso umfasst wie Lyrik, Essays und Erzählprosa, wurde sie mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, zuletzt Erich Fried Preis 2020, W.-G.-Sebald-Literaturpreis 2020, Deutscher Preis für Nature Writing 2020 und Kleist-Preis 2022. 2019 wurde Kinsky in die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung aufgenommen. Zuletzt erschienen von ihr bei Suhrkamp der Gedichtband Schiefern (2020) und die Romane Hain (2018) und Rombo (2022). Esther Kinsky lebt in Berlin.

Florian Baranyi (1985) ist Kulturjournalist, Kritiker und Literaturwissenschaftler. Er war DOC-Stipendiat der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, 2012–2013 Junior Fellow am Internationalen Forschungszentrum Kulturwissenschaften in Wien und 2014 Fellow Abroad an der Universidad Rey Juan Carlos de Madrid. Seine Kritiken erschienen unter anderem bei Ö1, im Falter und bei Deutschlandfunk Kultur. Baranyi ist Kulturredakteur bei ORF.at. Er lebt in Wien.

13.10., 18:00

Literaturhaus Graz
Elisabethstraße 30
8010 Graz
♿ Zugänglich für Rollstühle

Tagespass 13.10., 8/5 Euro

Kartenreservierung unter www.literaturhaus-graz.at